Carcinosinum Anhang 2

 

[Karl-Josef Müller]

Carcinosinum ist die Brustkrebs-Nosode. Beim echten Carcinosinum-Patienten besteht entsprechend in der Regel ein persönlicher Bezug zur Krankheit 'Krebs':

Er kommt in der Familiengeschichte vor, der Patient hat ausgeprägtes Mitgefühl beispielsweise mit krebsleidenden Kindern oder es besteht eine Karzinophobie. 'Ernsten Themen' wie 'Krankheit' oder

'Tod' geht Carcinosinum nicht aus dem Weg, sondern setzt sich verantwortungsvoll damit auseinander.

Carcinosinum-Patienten fehlt die unbeschwerte Kindheit, in der eine freie individuelle Entwicklung stattfand. Oft war es die Mutter, die eine starke, invasive, moralische Dominanz auf ihr

Carcinosinum-Kind ausübte. Ein 'Zuviel' an mütterlicher Zuwendung, Grenzen überschreitend, überfordernd und damit die Entwicklung zum Individuellen hemmend. Zu Milch (als Muttersymbol und erste Nahrung) hat Carcinosinum (Lac-h.) ein besonderes Verhältnis: Meist besteht eine Milchabneigung oder Milchunverträglichkeit, nur selten polar entgegengesetztes, ausgeprägtes Milchverlangen.

Carcinosinum-Kinder werden von ihren Eltern von all dem Brutalen in der Welt möglichst ferngehalten. 'Nicht in zu frühem Alter die Nachrichten ansehen!' 'Kein Gewaltfilm!' 'Kein Türenschmeißen!'

Konflikte 'vernünftig' lösen! Schon in frühem Alter internalisieren Carcinosinum-Kinder diese elterlichen Ansprüche und machen sie zum eigenen Programm.

Carcinosinum meidet peinlichst Streit, Schmutz, Unordnung und Gewalt. Die Abneigung gegen Unsauberkeit kann bis zum Waschzwang gehen (Med./Psor./Syph.);

Repertorium: 'Traum, alles zu reinigen'. Streit wird schnell bereinigt. Selbst bei einem Gewitter (als Symbol von Naturgewalt, und Streit) verstrahlt Carcinosinum Freude: Teils Gewalt verdrängend, teils genau von dieser 'animalischen Seite' fasziniert, die ihm selbst ja fehlt. Auch in den Träumen von Carcinosinum tauchen unter Umständen Gewalt und Mord als Ausdruck unterdrückter Aggression auf.

Carcinosinum-Patienten haben ein starkes Bedürfnis nach Anpassung: Sie suchen Harmonie, Sauberkeit und Ordnung. Diese 'Werte' streben sie mit Gewissenhaftigkeit, hohem Verantwortungs- und

Pflichtgefühl und unter Unterdrückung eigener Gefühle und Wünsche an - mit Tendenz zur Selbstüberforderung. Immer schön fröhlich lächeln! Auch Bel-p. wichtiges Brustkrebs-Arznei, lächelt zu oft.

Die Anpassung von Carcinosinum ist dermaßen perfektioniert, dass sie nicht aufgesetzt wirkt:

Carcinosinum ist in der Regel sehr höflich, 'lieb' und angenehm im Umgang.

Carcinosinum liebt das Schöne, 'gute' Literatur, 'gute' (klassische) Musik. Seine ästhetischen Talente und künstlerischen Begabungen (Klavier- und Geigespielcn bis zum Balletttanzen) wurden stark

gefördert, während die 'wilden' Persönlichkeitsanteile stets unterdrückt blieben. Frühreif und vernünftig sind sie, den lebendigsten Teil ihrer Kindheit haben sie übersprungen. Körperlich haben

Carcinosinum-Patienten nicht selten ihre Kinderkrankheiten 'verpasst' (oder sie durch Impfungen unterdrückt) und durchlaufen sie dann im Erwachsenenalter.

Carcinosinum hat eine starke Empfindlichkeit für Ungerechtigkeiten und ein ausgeprägtes Mitgefühl mit Leidenden, Unterprivilegierten und 'wehrlosen' Tieren. Überhaupt ist es sehr sensitiv, beeindruckbar und 'hellsichtig', kann sich schlecht abgrenzen. 'Gleichheit für Jedermann' hat es auf seine Fahne geschrieben; es sorgt sich Pflicht ergeben um andere, weit mehr als um die eigenen Bedürfnisse, die es still resignativ für sich behält. In seinem Positivismus und seiner inneren Anspannung, nach außen hin perfekt dazustehen, ist Carcinosinum hochempfindlich gegen Kritik und Vorhaltungen, selbst wenn diese gut gemeint und freundlich vorgetragen sind. Echte Grobheit erträgt es umso weniger. Die gleiche Anspannung ist es, die Carcinosinum vor Prüfungen Schlaf und Nerven raubt.

Die Spannungsentladung eines Gewitters kann für einen in seinem Perfektionismus gefangenen Carcinosinum-Menschen eine lösende Wohltat sein. Höhenangst ist ein häufiges Symptom von Menschen mit hohem Selbstanspruch. Die anderen häufiger genannten Ängste von Carcinosinum sind nicht sehr speziell: vor Dunkelheit, vor Enge, vor Hunden und vor Spinnen.

Auch die körperlichen Symptome von Carcinosinum stellen sich oft nur sehr undifferenziert dar. Nicht selten finden sich Krankheiten aus dem allergischen Formenkreis 'Neurodermitis Pollinosis Asthma'.

Besonders gegen Staub (= Schmutz) ist Carcinosinum allergisch. Häufig findet man eine generelle Infektanfälligkeit - mangelnde Verteidigungskraft ist bei Carcinosinum ein Symptom nicht nur auf

zellulärer Ebene. Die Hautausschläge von Carcinosinum sind - wie der ganze Mensch - leicht unterdrückbar. Nach einem Keuchhusten werden Carcinosinum-Kinder nicht wieder richtig gesund.

Das kann sich als ständiger Husten oder z.B. als chronifizierter Schnupfen darstellen. Das körperliche Wachstum kann Probleme bereiten und es kommt zu Wachstumsschmerzen (Med., Syph.).

Carcinosinum schläft oft sehr schlecht, unter Umständen von Geburt an; später tut es dies, wenn es Probleme wälzt. Auf der Haut von Carcinosinum finden sich vereinzelte, auffallend dunkle Muttermale, Cafe-au-lait-Flecken, Naevi und Warzen.

< Wärme/Sonne' bezeichnet eine typische Carcinosinum-Modalität, auch wenn Carcinosinum sich leicht erkältet und nicht selten friert. Bei Lac-h., der homöopathischen Arznei aus Muttermilch, dem zweiten homöopathischen 'Mamma'-Präparat, spielt in der Vergangenheit anders als bei Carcinosinum eher ein Mangel an mütterlicher Wärme und Zuwendung eine Rolle. Im Arzneimittelbild des 'kalten' Lac-h. ist entsprechend ein großes Wärmebedürfnis erkennbar. Milch verlangen ist bei Lac-h. typischer.Carcinosinum hat (wie die bekannten Nosoden) Verlangen nach 'ungesunden Speisen', die nur undifferenzierte Geschmacksbedürfnisse befriedigen: nach Süßem wie Schokolade und Gebäck oder einfach Zucker, nach Salzigem, Geräuchertem, Fleisch und Eiern. > Aufenthalt am Meer; diese Modalität teilt es sich ebenfalls mit mehreren Nosoden. 'Verlangt zu Reisen': In der Rubrik stehen neben Carc. unter Anderem auch Lyss., Med. und Tub.

 

[Christiane Petras]

Krebs in seiner Häufigkeit erscheint uns heute als die chronische Fortsetzung der früher Tod bringenden Seuchen. Er hat die gesundheitlichen Gefahren vergangener Jahrhunderte (Pocken/Pest/Scharlach/Kindbettfieber) abgelöst, sein Erscheinungsbild ist dabei unendlich vielfältiger, häufig undurchschaubar.

Krankheiten, die heute mithilfe von Medikamenten kontrollierbar sind, scheinen ihre Bösartigkeit auf eine tiefere organische Ebene verlagert zu haben, die unseren Erkennungs- und Behandlungsmethoden nur schwer oder gar nicht zugänglich ist. Dort kann sich diese Bösartigkeit nicht selten unbemerkt entfalten, und es dauert lange, bis ein konkretes Symptom auf sie aufmerksam macht. Krebs kann jeden Teil des Körpers befallen und dabei mehr Symptome verursachen, als wir uns vorstellen können. Dem entsprechend ist das Arzneimittelbild von Carcinosinum so umfassend, dass praktisch jedes Symptom darin zu finden ist.

Es ist das am häufigsten gebrauchte Konstitutionsmittel überhaupt; wohl kaum ein Mensch aus unseren Regionen kommt in einer chronischen Behandlung ohne Carcinosinum aus; es ist für die Behandlung einer jeden chronischen Krankheit unverzichtbar. Die Schwierigkeit besteht vor allem in der Wahl des richtigen Zeitpunktes.

Manchmal dauert es lange, bis die Lebenskraft eines Patienten bereit ist, seine Wirkung zu verarbeiten. Diese Bereitschaft wird meistens durch eine akute, oft entzündliche, mit Absonderung verbundene Krise angezeigt. Das ist der Moment, in dem unsere Lebenskraft eine Tür oder ein Fenster aufstößt und einen Blick auf die im Inneren vorherrschende Problematik zulässt. Wenn sonst kein eindeutiger Hinweis zu finden ist, hat es sich bewährt, auf diese akute Krise zu warten.

Die von mir am häufigsten beobachteten Anzeichen für den Einsatz von Carcinosinum sind:

Angst vor Krebs oder anderen schweren Krankheiten Albträume; Schlafstörungen allgemein. Das ist auch der Bereich, in dem sich zu häufige Gaben oder zu hohe Potenzen zuerst zeigen. Albträume stellen oft die Frage: zu viel oder zu wenig Carcinosinum?

Depressionen in jedem Stadium.

Neigung zu Suchterkrankungen.

Die Behandlung von Gemütssymptomen gestaltet sich oft schwierig, weil die Lebenskraft dazu neigt, die vorhandene Krankheitsbelastung über verschiedene, meistens aus der Vergangenheit bekannte körperliche "Stationen" nach außen zu befördern.

Während sich das Gemütsbild bessert, kann dann z. B. ein altes und zähes Nebenhöhlenproblem auftreten. Patienten, die im Alltag "funktionieren müssen" und großem äußerlichen Druck ausgesetzt sind, laufen manchmal Gefahr, in dieser Situation die Geduld zu verlieren und ihrer Lebenskraft den Rücken zu kehren. Erst wenn die innere Leere oder Lebensunfähigkeit wieder von ihnen Besitz ergreift, sind sie notgedrungen für diesen Weg bereit.

Diabetes mellitus: Bei einer chronischen Behandlung von insulinpflichtigen Diabetikern muss der Zuckerspiegel aufmerksam beobachtet und die Substitution genau angepasst werden. In der Regel stärkt Carcinosinum die Selbstregulierungskräfte des Körpers, sodass bei zu hoher Insulindosierung die Gefahr einer Unterzuckerung droht! Carc kann die Notwendigkeit der Gaben von chemisch wirksamem Insulin deutlich verringern, aber  sein Einsatz muss vor allem am Anfang vorsichtig gehandhabt werden.

Nachtschweiß, der Patient muss nachts die Wäsche wechseln.

Leistenbruch, direkt oder indirekt, evtl. mit Entzündung in angrenzenden Organen, auch in der Vorgeschichte. In diesem Fall im Wechsel mit Nux-v.

Hartnäckige Entzündungen in allen denkbaren Bereichen, meist mit Absonderungen: Bronchitis; Sinusitis; Tonsillitis; eitrige Entzündungen der Haut; schlecht heilende, entzündete Wunden; Nierenbeckenentzündung.

Pfeiffersches Drüsenfieber, akut oder in der Vorgeschichte; im akuten Stadium mit Zwischengaben Parotidinum.

Furunkulose, Akne; Pusteln mit Eiter. Krampfadern, häufig in Verbindung mit Venenentzündungen.

Allgemein schwaches Bindegewebe; Bänderschwäche an jedem erdenklichen Ort (Magenreflux), Zwerchfell-/Leistenbruch; erhöhtes Verletzungsrisiko im Bereich Muskeln und Bänder.

Die Lebenskraft verfährt oft so, dass sie bei einer erhöhten Krankheitsbelastung bestimmte, nicht unmittelbar lebenswichtige Körperzonen schlechter versorgt, um für die Organisation der lebenswichtigen Funktionen ausreichend Kraft zur Verfügung zu haben. Patienten mit angeborener Schwäche (Bindegewebe) brauchen meistens eine Langzeitversorgung mit Carcinosinum, um die Belastung nach und nach zu verringern und die Schwäche auszugleichen.

Auch wenn es absurd klingt, beobachte ich immer wieder, dass z.B. trotz einer angeborenen Bindegewebsschwäche die dazu gehörige, dem Patienten eigene Symptomatik nachlässt oder sogar ganz vergeht.

Verletzungsfolgen; Wunden, die nicht heilen wollen und sich entzünden, dann oft mit Strept. Ich gebe Carc. bei entsprechender Disposition auch vorbeugend, wenn operative Eingriffe vorgenommen werden, meist bei Patienten, die das Mittel schon genommen haben, dann eventuell mit Arn. zusammen, vor allem bei Eingriffen am Kopf, z.B. Zahnextraktionen.

Die Kombination Carc. + Nux-v. ist oft unschlagbar für den Behandlungsbeginn in einer akuten Krise. Meist sorgt sie für überraschend schnelle Besserung der Symptome. Bei jüngeren, viel geimpften Patienten werden aber schon nach kurzer Zeit ergänzende Gaben von Impfnosoden nötig sein.

Der Körper zeigt seinen Bedarf dann mit den entsprechenden Signalen an.

Carc. habe ich fast immer als ein "gutmütiges Mittel" beobachtet; die heftigen Erstreaktionen, die z.B. bei Tuberculinum Koch so gefürchtet sind, bleiben in der Regel aus.

Ich führe das darauf zurück, dass dieses Mittel groß genug ist, um die Krankheitsbelastung des Patienten umfassend abzudecken,  sodass einzelne Beschwerden nicht als übrig gebliebenes "Monster" über ihre natürliche Qualität hinauswachsen.

Bei schweren Lungeninfekten wird sehr oft X-Ray als Ergänzung gebraucht, beide Mittel einzeln gegeben.

Kombinationen:

Carc. passt fast in jede Kombination und wird sehr häufig gebraucht. Besonders oft im Wechsel mit: Dys-Co +/o. Darmnosode Bacillus No 7

Sacch-a. bei akuten Infekten mit großer Schwäche, Gefühl von Fäulnis

Streptoc. bei entsprechenden Entzündungen mit Eiterbildung

Nux-v. in D6 oder D12, um die Arbeit der ausscheidenden Organe zu unterstützen.

Carc. muss gelegentlich mit anderen großen Konstitutionsmitteln abgewechselt werden, wenn das Symptomenbild sehr umfangreich ist. In jüngster Zeit stoßen wir immer häufiger auf solche Fälle.

 

[Olaf Posdzechs] C-4 Verreibung

Carcinosin (Fibrosarkom/der Patient, von dem das Fibrosarkom stammt, litt an einem Tumor des Fußes, der vom Weichteil ausgehend, auch den Knochen angrif.  Der Tumor wurde mehrfach operiert, bis beim letzten Mal der halbe Fuß entfernt wurde. Bei Untersuchungen konnte das Gewebe nicht eindeutig als gut- oder bösartig identifiziert werden. Bis zum Tag der Verreibung wurden keine Metastasen festgestellt. Das Interesse des Patienten und seines Behandlers lag darin, durch eine Verreibung und die anschließende Einnahme des homöopathischen Mittel mehr über das Thema seiner Krankheit und seines Tumors zu erfahren)

- Das Problem der Verdrängung eines Konflikts in die körperliche Ebene - Protokoll einer Verreibung

Es war uns nicht klar, ob in dieser Verreibung eines Fibrosarkoms in irgendeiner Art die Thematik von Carcinosin spürbar werden würde. Die dann aufgetretenen Themen bis hinein in den C-5 Text eines Teilnehmers haben zumindest mich persönlich davon überzeugt, dass wir das Thema von Carcinosin bei dieser Begegnung ein Stück weiter verstehen und spüren lernen.

Wichtige Themen der Verreibung:

verdrängte Aggression

Ausbrüche von Gewaltphantasien

alter Ärger

Gedanken über eine Welt voll Mord und Gewalt

Isolation                     

Gefühl der Entfremdung von einer Welt, die nicht so harmonisch funktioniert, wie das Ich es sich wünscht sich zurücknehmen

Innere Leere

Verzichtbereitschaft

Kontaktverweigerung zu einem Konflikt

abgespaltene Sexualität, Gedanken über die Verbindung von Sexualität und Aggression

Drehung, verdrehte Drehrichtung

Asche

Tanzen als Ausdruck der Lösung

Der Patient, der sein Fibrosarkom für diese Verreibung gegeben hat, nahm auch selbst an ihr teil (Teilnehmer 1). In den Auswertungsgesprächen nach jeder Stunde gab er nur sehr wenige Sätze zu Protokoll. Sei es, weil er tatsächlich wenig gespürt hat, sei es aus Scheu oder Zurückhaltung diesem unbekannten Ritual gegenüber.

Um so verblüffter war ich, als der Patient in der C3 zu einem langen Monolog über die Rolle der Asche in unserer Welt ansetzte. Zur Asche würde alles werden,

und aus der Asche würden wir alle kommen. Er zählte dann viele Bereiche auf, in der die Asche in unser Leben tritt. Ich selbst hatte Witold Ehrlers Ankündigung über die Rolle der Holzasche (Cinis ligni) als ein Antwortmittel für den Krebs bis zu diesem Zeitpunkt immer skeptisch gesehen. Eine Holzasche-Verreibung, an der ich ein halbes Jahr zuvor teilgenommen hatte, war für mich die reinste Tortur. Sechs Stunden lang keine Gefühle, keine Emotionen, keine Gedanken und völliges Unverständnis darüber, was einzelne andere Teilnehmer mit ihren Erlebnissen in jener Verreibung ausdrücken wollten. Und nun brachte dieser Patient plötzlich das Thema Asche ganz massiv auf den Tisch! Dem Patienten war unbekannt, dass das homöopathische Mittel Holzasche existiert. Er selbst hatte es auch noch nie bekommen.

März 2001

C1

Einige Wochen vor der im Anschluss dokumentierten Verreibung wurde das operativ entfernte Fibrosarkom von der Frau und dem Sohn des Patienten gemeinsam mit seinem Behandler zur C1 verrieben. Die während dieser ersten Verreibung aufgetretenen Gefühle und Themen waren den Teilnehmern 3 und 4 der zweiten Verreibung nicht bekannt.

Teilnehmer 2

ernst! etwas Unsicherheit, Traurigkeit

weiches wattiges Gefühl im Oberkörper, Schmerz in den Zähnen

Am Ende: milde Zugewandtheit.

Kopfschmerz hinten links am Schädelrand. Brustbeklemmung, Jucken rechts (rechter Hals, rechte Schulter, rechte Wade)

Hitze im Gesicht (alle Teilnehmer)

Kloß im Hals

Traurigkeit

Pulsschlag linke Schulter, wie ein "Pockern", am linken Auge spürbar, wechselt von rechts nach links

Kiefernmuskelspannung, Stirnkopfschmerz, trockener Hals!

Der Satz taucht auf ‚Ich bin isoliert.‘

stille tiefe Traurigkeit, Räuspern, Stirnkopfschmerz besonders über den Augen

Es geht nicht leicht! Eher stumpf, ruhig, etwas bitter, zurückgezogen, schwer, leer stumpf, ernst, bilderlos

Kribbeln unter den Augen, Jucken rechte Wade und linker Oberschenkel

Gefühl, mich zu vergraben; Gefühl ich habe schwer zu tragen

Unruhe, Gefühl wie im Käfig

trocken, langweilig, etwas ungeduldig, Zeit vergeht langsam (in den folgenden C-Stufen verging die Zeit allmählich immer schneller)

Schmerz im Schultergürtel

Sohn des Patienten:

Mühe, Mühsal, die Kehle schnürt sich zu, der Atem fällt schwerer

Die Kehle tut weh, wie wenn man sehr lange geweint hat. Quälende Mühe - macht wütend! Sich fremd fühlen und weglaufen wollen! Schwere Last, müde, gedrückt.

Nächste Runde: Leichtigkeit, Tanzen! Eine Glocke läutet immerzu im Himmel, fröhlich. Bilder vom Stapfen durch tiefen Schnee - zu Hause fühlen, wohl fühlen, heimisch, warm ums Herz!

Arbeit, Verpflichtung, Last. Widerwillen, weg wollen! Unwohl sein, rumlaufen wollen! Etwas tun, nicht stillsitzen!

Mir wird schlecht! Kotzgefühl, grippig!

Mein Weg führt über Kopfsteinpflaster. Mir gleitet alles aus den Händen-Gefühl. Langsamer werden! Langsamer ist besser! Weicher, langsam, ohne anzuhalten.

Entspannung, ferne Galaxie

Frau des Patienten:

beklommen, Herzklopfen, Schwächung

Wir haben es nicht verstanden! Der Tumor will uns was sagen! Gefühl, ich zerstöre den Tumor. Der Tumor hat uns unsicher und ängstlich gemacht. Daraus wird "Ich kann ihn zerstören!"

Als mein Sohn rieb, entspannte ich mich. (Diese Dynamik tauchte bei beiden auf: Immer wenn der eine rieb, entspannte sich der andere und bekam schöne Bilder.) Gedanken wurden friedlicher.

Das "Warum" löste sich. Entspannt, nicht bösartig.

C2

Teilnehmer 3

Starke Kopfschmerzen an den Schläfen und vorn, wie ein Eisenband, das sie zusammenpresst oder hineindrückt (ich kenne sonst keine Kopfschmerzen); der Kopfschmerz drückt auch in die Ohren.

Ich habe dabei ein Gefühl, als müsste ich gegen etwas ankämpfen, etwas, das mein Leben bedroht, mich einmauert. Mit dem Kopf durch diese Wand müssen.

Das Gefühl ist sehr unangenehm.

Kurze Gedanken an Delphine, ganz leichtes befreites Gefühl dabei. Es ist sowas wie ein Erlösungsbild für mich.

Ich mag niemanden von euch in die Augen sehen aus Angst, ich würde bewertet und hätte keinen Bestand vor euch. Ich bin in einem Gefühl, wo ich mich selbst für wertlos halte: "Ich bin doch nebensächlich für die anderen." Wichtig ist, dass ich nur den kleinen Raum einnehme, der mir in dieser Welt zusteht!

Ich fühle mich wie ein Stück trockenes Holz, ohne Gewicht - es ist wenig Emotion in mir da (wenig Wasser). (Der Teilnehmer dachte wegen diesem Holzgefühl auch an Cinis Ligni, welches nach Witold Ehrler eine Begleitmittel bei Krebs sein soll. Das erzählte er jedoch erst später.)

Die Frage ergibt sich: Was ist mein Gewicht? Und das Gefühl der Antwort dazu ist das verschwindende Gewicht dieses Holzstückes. Das macht mich noch nicht mal richtig traurig. Ich fühle mich wie eine Sache, eine unwichtige Sache.

Der Kopfschmerz ist immer noch da und ich frage mich: Was bedräng mich? Was ist diese Mauer? Für einen kurzen Moment kommt ein Gefühl, sie ist gar nicht richtig da, sie ist wie aus Papier –

mehr von mir selbst gemacht in meiner Einbildung, als von der Wirklichkeit!

kurze Verwirrung über die richtige Drehrichtung beim Verreiben

Der Stuhl von Teilnehmer 2 knarrt rhythmisch beim Rühren, als würden es zwei Leute darauf treiben und ich denke: Wie unpassend! Ich finde das richtig eklig!

Er soll aufhören! Ich will von diesem Thema nichts wissen!

Die Kopfschmerzen halten immer noch an. Ich habe ein Bild dazu, es könnte auch eine Männerhand sein, die meine Stirn mit eisernem Griff festgepresst hält.

Was will sie??!??

Der Stuhl von Teilnehmer 2 knarrt wieder so aufreizend und penetrant. Ich will nicht hinhören, doch das Geräusch fesselt meine ganze Aufmerksamkeit. Es macht mich wütend. Für einen kurzen Moment sehe ich, wie ich ihm meinen Pistill auf den Schädel einschlage und sein Schädeldach zertrümmere!

Das hat er davon! Hier hat Frieden zu herrschen!

Teilnehmer 4

Ich hatte gleich das Gefühl: Sorgfalt! Die Substanz muss ganz sanft verrieben werden. Ich habe mich bemüht, es wie samten auszukleiden. Es hat mich immer geschmerzt, wenn jemand von Euch irgendwie geknirscht hat.

Dann kam ein kurzes Bild von indischen Adligen, die eine religiöse oder Tanz-Zeremonie durchführen. Mata Hari kam mir in den Sinn.

Ich hatte auch kurz Kopfschmerz. Und dann wurde mir speiübel! Also mir ging es ziemlich lange sehr schlecht! Ich habe einen Moment gedacht, ich muss das aufhören oder ich muss mich übergeben! Ich habe dadurch ein bisschen Tränen in den Augen gekriegt - das war einfach die Stärke der Übelkeit. Das ist jedes Mal wieder gekommen, sobald ich versucht habe, den Stoff stärker zu reiben. Immer, wenn ich den so locker in der samtenen Atmosphäre gelassen habe, ist das weggegangen und hat sich beruhigt. und wenn ich versucht habe, stärker zu reiben, ist diese Übelkeit wieder gekommen.

Dann habe ich so ein Bild gekriegt von tanzenden, glänzenden Frauen in einer Erdhöhle. Das hat mich auch sehr beruhigt. Dieses samtene Gefühl haben mir auch diese Frauen gegeben.

Im zweiten Intervall hatte ich eine Erinnerung an ein geschäftliches Versetzt-worden-sein vor 30 Jahren (!), als mich ein Geschäftspartner mal versetzt hat. Das fand ich seltsam, dass mir das gerade jetzt in den Sinn gekommen ist, denn das ist ein lange zurück liegende Erinnerung! (Der ist mit meinem Geld abgehauen.)

Es ist schwieriger an die Tänzerinnen zu kommen, weil jetzt mehr Material in der Schüssel drin ist. je mehr Zucker drin war, desto mehr hatte ich Schwierigkeiten, and en Grund zu kommen.

Dann hatte ich Zahnschmerz, der über 20 Minuten von links nach rechts zog.

Mir kamen Flechten in den Sinn. Irgendwie habe ich gedacht, ich möchte eigentlich gern auf eine Wiese. In der Wiese fand ich keine Entsprechung zu mir, aber in den Flechten schon! Die Tänzerinnen waren für mich so ein zäher, dunkler, glänzender Strom, irgendetwas, das so dunkel auf mich herunter tropft.

30´: Lärchen-Flechten kamen mir in den Sinn. Eigenartiger Weise auch wieder geschäftliche Sorgen (ein Geschäft, das ich letztens hatte, wie ich das abwickeln soll und wieviel Gewinn ich damit machen kann). Dann dachte, es müsse ja auch in der Fauna für mich eine Entsprechung geben - und das waren Schlangen. Und dann sind mir Verrat und Lüge auch in Bezug auf Mata Hari und dieses geschäftliche Versetzen in den Sinn gekommen. (Mata Hari war eine Spionin, die wohl sogar Doppelagentin war. Es gibt einen Film mit ihr, da ist sie sehr edel mit goldener Krone abgebildet in diesem Tempeltanz. Eine eigenartige Vermischung von kultiger Religion und Sexualität.)

Dann ist mir aufgefallen, dass ich völlig nach links zusammen knicke und rechts eine riesige breite Seite offenbare, die aber irgendwie taub ist. Die Idee dazu war, dass der Segen eigentlich von links kommt (das hatte ich auch als Gefühl), und rechts muss etwas aus mir heraus gezogen werden. Weil es sonst schlecht ist für mich. Aber ich komme nicht richtig in die Mitte. Weil ich links so zusammen gekrümmt bin, kann mich auch niemand richtig segnen.

Teilnehmer 1 (= Patient)

Beim ersten Verrühren habe ich eigentlich gar nichts gedacht oder empfunden. Doch, gedacht schon - aber eigentlich konzentriert auf das, was ich tat. Und weiter ist eigentlich nichts passiert

Beim zweiten Verrühren hatte ich den Eindruck, dass ich einen sehr schweren Teig rühre, der sehr zäh ist, und mich unwahrscheinlich anstrengt. Und dass ich ein ganz schweres linkes Bein bekomme - so schwer beweglich wie der Teig, den ich gerade bearbeite. Es war wie im Sumpf stecken.

Dann entstand ein Zucken in dem linken Bein, ein Nervenzucken.

Im dritten Verrühren war eigentlich eine ausgesprochen Ruhe. Fast eine Müdigkeit, dass ich fast vergessen habe zu rühren. Dann löste sich das ein bisschen auf. Dass ich wie so nach einer Schrecksekunde ein bisschen zu mir kam, damit mir nicht der Behälter zwischen den Beinen durchrutschte.

Nebenbei habe ich auch den (knarrenden) Stuhl wahrgenommen und gedacht "Armer Stuhl!"

Teilnehmer 2

Es war eigenartig. Ich hatte einmal das Gefühl, ich habe wenig Gefühle, Gedanken, Bilder (einiges war da). Aber es gab ein Gefühl von einer Unbefriedigtheit, einer Leere, ein bisschen missmutig. Ob das alles gut genug ist, ob ich gut genug bin, es gut genug mache. Ein Wunsch, mehr zu haben und dann auch immer weggleiten in irgendwelche Alltagssachen oder praktische Sachen. Als einer von euch sagte, er braucht noch einen Kugelschreiber, habe ich schon zwei weitere ausprobiert und hingelegt! (Ich war mit diesen praktischen Sachen anders zu Gange als sonst.)

Am Anfang habe ich einen starken Druck oben in der Brust gefühlt, auch wie ein Kloßgefühl im Hals, als wenn er trocken wäre (aber er war gar nicht trocken). Ein starkes Kribbeln zog sich im rechten Unterkiefer lang, auch ein bisschen ums Auge.

Dann gab es ein auswegloses Gefühl, so "Ich kann nicht!" Das war alles ein bisschen traurig, schwer - aber nicht richtig traurig, dass ich mich jetzt wirklich traurig gefühlt habe. Ich habe es nachher "milde Traurigkeit" genannt. Irgendwann guckte ich mal mehr so von oben und dann fühlte ich mich vergnügt, aber das war auch so mehr eine milde Vergnüglichkeit, nicht ausgelassen sondern mild.

Magenschmerzen

Ich hatte einmal ein gerührtes Gefühl bei Gedanken an einen Menschen, den ich mag und bei Gedanken an Gemeinschaft. Aber das waren wie so kurze Verbindungen (ich habe mich auch mehr so wie getrennt gefühlt). Es gab so kurze Momente, wo sie so vor mir auftauchten - und dann floss was ganz Warmes, das war dann wieder weg. ‚Ich bin verzichtbereit.‘ kam auch als Satz.

Zum Schluss: Ach, ich mach nicht mehr! Was soll das alles? Müssen wir das hier tun?

In Gedanken war ich auch immer wieder beim Patienten, was der wohl denkt, was das alles soll. Und ob das überhaupt etwas bringt. Ob das nutzbringend ist.

C3

Teilnehmer 3

Beim Erzählen von Teilnehmer 2 spürte ich auch ein Druckgefühl im Sternum wie von einem trockenen Kloß.

drückender zermürbender Kopfschmerz, fühle mich dumpf und gleichgültig, 30 Minuten lang!

Dann dachte ich, die Leere sei im Kopf, weil ich wegen der Kopfschmerzen nicht denken kann. Später merke ich, ich will gar nicht denken!

Wegen dieser Leere kam zum Schluss ein Gefühl, da ist gar nichts zu verstehen! Das Ganze war ganz einfach nur ein Irrtum, dass das gewachsen ist! (Es kommt mir vor, als würde so ein Kobold mir das ins Ohr flüstern.)

Zugleich sagt mir eine andere Instanz in mir: Das kann nicht stimmen! Das würde meinem ganzen bisherigen Verständnis von Krankheit und Heilung widersprechen!

Der Kopfschmerz und die Ohrenschmerzen sind immer noch da. Daran merke ich, dass noch nichts gelöst ist. Offenbar will ich nicht darüber nachdenken, warum ich krank bin. Ich merke, es gibt irgend etwas, dem ich mich nicht stellen will!

Teilnehmer 4

Ich war auch seltsam unbeteiligt. Das auch, es ist keine Substanz mehr drin, keine Energie mehr drin. Ich verreibe nur den Zucker. Es fühlte sich auch so zäh im Mörser an!

Ich kam mir vor im ersten Intervall wie ein abgenagter, gammliger Knochen im Wasser, der so träge, trübe dahinschwingt, und ab und zu beißt jemand ein Stück ab. Große Entfernung zum Leben.

Ich hatte das Gefühl, die Ursache dieser Krankheit liegt nicht im Menschen selber, sondern in der Zeit, in Deutschland, in übergeordneten Instanzen!

beim zweiten Intervall wurde ich wütend über diesen Klumpen im Mörser, dass wir den hier in diesem Raum verreiben müssen! Draußen ist Leben - und wir müssen hier sein! Das hat mich sehr geärgert! Ich habe dann gedacht, ich würde viel lieber mit euch angeln gehen!

Im Dritten Intervall hatte ich das Gefühl, vielleicht ist gerade das gemeinsame Verreiben der Sinn, weil wir ja kaum zusammen Angeln gegangen wären! Dass wir das hier machen, das es überhaupt noch so ein paar Leute sich zusammenfinden konnten unter diesem Aspekt und unter diesem Thema, unter dieser Arbeit - dass das sehr gut ist, dass das gut tut. Das ist schön! Ich war dann auch nicht mehr wütend.

Zum Schluss hatte ich so das Gefühl, ich würde gern ans Meer gehen. Übers Meer gucken und so eine Gefühl von Weite haben.

Teilnehmer 1 (Patient) - Monolog über die Asche

Ich habe an Asche gedacht! An alles, was mit Asche zusammen hängt. Das ist ungeheuer, wenn man mal über ein Wort "Asche" nachdenkt! Was da alles dran hängt! Unsere Entstehung - auch so im Ganzen - hängt mit Asche zusammen! Letztendlich stehen wir vielleicht sogar drauf. Die Asche beeinflusst uns ungeheuer. Die Asche entsteht aus dem Feuer, das wir in die Hand gekriegt haben. Wir haben aber auch sehr viel Unglück damit angerichtet. Im Grunde haben wir unendlich viel - und machen heute immer noch sehr viel - verbrennen die Wälder. Jetzt verbrennen wir im Moment die Tiere auf den Feldern (Anmerkung: Zur Zeit der Verreibung wurden in England wegen der Maul- und Klauenseuche ganze Herden verbrannt). Im letzen Krieg haben wir unendlich viele Menschen verbrannt für Kriegseinflüsse und durch sogenannte "ethnische Säuberungen". ... Ein ungeheures Unheil in dieser Asche, das man da erfährt!

Und da fiel mir ein, dass das eigentlich ein ganz innerlicher Bestandteil meines Lebens ist diese Asche, die erzeugt wurde durch die Dinge, die in meinem Leben um mich herum geschehen sind, die mich bewegen bis heute hin. Immer wieder das unvorstellbare Martyrium, das Menschen durchgemacht haben - egal ob sie jetzt zur Front marschiert sind, oder da weg, oder in Konzentrationslagern und dort vernichtet wurden. Welche Fähigkeiten der Mensch hat, diese Menschen auch zur Asche zu machen! Und wie letztendlich alles in Schutt und Asche gefallen ist. Und wir haben kein Ende gefunden! Es ist immer noch so! Jeden Tag! Das ist unfassbar!

Und andererseits, zu einem anderen Zeitpunkt habe ich gedacht: Die Asche hat auch wieder das Gute. Die Vulkan-Asche sorgt für neues Leben! Aus der Asche entstand neues Leben - um uns herum auch wieder. Und es wird auch mit Sicherheit aus der Erde oder von Außerhalb vielleicht eines Tages auf uns mal wieder Asche regnen, die wieder alles zerstört, was wir aufgebaut haben. Und wir werden auch nicht müde, um uns herum immer wieder neue Asche zu fördern.

Ja, das ist es eigentlich sinngemäß. Aus dem kleinen Häuflein weißen Zeug hier.

T3       Darf ich etwas fragen? Habt ihr jemals über Holzasche geredet?

T2:      Ich glaube, nicht. (Zum Patienten gewandt) Hast du jemals von deinem anderen Behandler Holzasche bekommen, Cinis ligni?

T1       Nein.

T3       Ich bin gerade sehr beeindruckt. Ich habe es vorhin nicht gesagt, habe es vielleicht auch wegzensiert. Ich habe, als ich dieses Holzgefühl hatte am Anfang, da kam mir der Gedanke - es gibt einen Apotheker, der hatte die Eingebung, dass Holzasche ein Mittel wäre, das helfen kann, wenn man so Geschwüre hat, etwas zu verstehen, etwas zu klären. Ich habe das nie verstanden. Ich habe das auch verrieben - und überhaupt nichts verstanden! Als ich vorhin dieses Holzgefühl hatte, kam so der Gedanke: Ah, es hat doch irgendwie etwas mit Holz zu tun. Und verbranntes Holz - ja, das könnte doch irgendwie stimmen. Und jetzt erzählst du plötzlich so viel von Asche!

T1       Ja!

T3       Dass du dir so viel Gedanken über Asche machst, das plättet mich schon!

T1       Die Medizin hat ja seit..., Die Urmenschen haben ja mit Asche aus Opfern/aus anderer Asche auch medizinische Mittel produziert und haben die verabreicht.

Aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich irgendwann einmal etwas auf Holzasche-Basis bekommen hätte.

Teilnehmer 2

Spannend!

Erst mal knarrte der Stuhl gleich wieder, und ich hatte ganz stark das Gefühl, dass ich vorher auch schon in der Runde hatte: Oh, jetzt muss ich mich wieder ganz gerade hin setzen! Denn der knarrt nämlich immer, wenn ich mich entspanne und zurücklehne.

Dann wurde mir auf der rechten Seite sehr kalt! Ich fühlte Traurigkeit und dachte: "Meine Gott, je trauriger ich mich fühle, um so wütender fühle ich mich und desto auswegloser fühle ich mich (weil ich mir da nichts machen kann)." Ich dachte, was machen wir denn eigentlich hier? Ich hatte dann sowas wie ein Missbrauchsgefühl: Wir verreiben hier Krebs! Worum geht es uns dabei? Geht es jetzt dabei darum, Erfahrungen daraus zu holen? Und ich dachte, mein Gott, da steckt so viel Leid drin! Ich kriegte so viel Mitgefühl. ... Es ging immer um dieses Verantwortungs-Ding: Darf das überhaupt sein, dass man jetzt hier sowas tut? Hat das einen Sinn? Ist das im Eigeninteresse oder geht es darum, bei etwas zu helfen, etwas zu verändern? Wo ist das Gefühl hier bei dieser Auseinandersetzung mit dem Leid? Ist das nicht alles viel zu nüchtern betrachtet? Ist das eine Ware, eine sachliche Ware? Wo ist das Herz? Und ich hatte wieder so ein ganz auswegloses Gefühl dabei, so zu erstarren. ... Ich könnt natürlich jetzt klare Sachen dazu sagen. Aber ich hatte dabei die ganze Zeit das Gefühl, ich kann das nicht lösen, ich bin dem so ausgeliefert!

Dann kam der Satz "Bin ich nützlich, mit dem, was ich tue? Oder bin ich (und dabei kam so ein bisschen Freude auf) einfach nützlich, wenn ich so da bin?" Einfach mit dem "Da bin". Ich kann diese große Frage nicht beantworten, es war einfach zu groß! Es ist okay, einfach so da zu sein.

10´: Dann tat die ganze rechte Seite weh, Hüfte und Schultergelenk. Ich spürte eine große Last im Nacken. Trockenes würgendes Kloßgefühl im Hals, Stirnkopfschmerz, kalte Füße, unruhige Wut. Aber: Ich spüre eine unruhige Wut, doch ich spüre überhaupt kein Gegenüber! Ich denke dann: Ja, woran könnte sie sich richten - und hole das quasi so (gedanklich) herbei. Im Realen fühle ich mich im Gegenüber und das macht auch noch einmal dieses hilflose Gefühl: Was soll ich denn damit machen, bitteschön?

Dann kam ganz stark immer wieder der Satz: "Du sollst nicht töten!" Dann kamen ganz kurze Gewaltbilder und so ein inneres Gefühl (ruhig): Ich töte nicht! Fühle mich aber ernst, hart, verletzlich (eine komische Mischung: ernst und hart und darunter so verletzlich).

Ich will hier weg! Ich will da nicht hin gucken!

Ich mache jetzt einfach weiter - auch wenn ich nicht weiß, ob es richtig ist, was ich da tue. Dann kommt Traurigkeit, Sehnsucht nach Nähe und Verbundenheit.

Und dann kommen Bilder in diesem Reiben, wenn ich da so reinfalle: vom Tanz und Auflösung. Und da kam ein Wohlgefühl und der Satz "All die Verantwortung kotzt mich an! Ich will einfach nur sein!" Da kamen ganz schöne Bilder vom Loslassen: Wie ich über eine Wiese kugele, mich im Wasser so drehe. Da dachte ich "Ja! Es geht um lustvolles fühlendes Sein!" Darin fühlte ich mich ganz wohl!

Dann kam ich wieder zu dem Töten zurück und fragte mich, hat denn das Töten irgendwie etwas damit zu tun?

Ich habe nicht so richtig etwas gefunden und sagte nur so vor mich hin "Ach, leck mich am Arsch!" Dann kam wieder ein ganz gutes Gefühl. Wobei - auch bei diesem "Leck mich am Arsch" gab es kein reales Gegenüber! Es gab niemanden, wo ich wusste, gegen wen muss ich mich denn da jetzt abgrenzen, um mich wohl zu fühlen, um mich frei zu machen von dieser Bürde und mich frei zu bewegen und wohl zu fühlen in meinem Körper? Aber da gab es keinen! (Klar gab es so ein paar Vertreter, aber die waren es irgendwie nicht!) Es gab nie das reale Gegenüber. Als wenn das was Größeres ist!

Also der Gedanke, dass das was Größeres ist, dass das was kollektiveres ist, den hatte ich auch. Das zieht sich durch alle von uns.

T4       Ich hatte bei mir auch stark dieses Loslassgefühl, dass ich Ruhe hab!

T2       Das war ein ganz befreiendes Gefühl, diese Bilder, die ich dabei hatte. Trotzdem fühle ich mich auch ernst und schwer darin. Ich konnte das aber auch spüren und genießen und habe meinen Körper lustvoll erlebt.

(Pause)

T4       Bei jeder Bewegung mache ich den Kreis durch unseren Kreis von Personen (innerlich) mit. Vielleicht in dem Sinne, dass dieses kleine Kollektiv hier eine Antwort wäre es diesem großen Kollektiv gegenüber zu stellen, das als Verursacher möglicherweise in Frage kommt. Denn mir hat das sehr gut getan, dass wir jetzt hier verrieben haben! Ich habe mich sehr ruhig gefühlt. Sonst hätte ich halt gedacht, so alleine das wäre auch wieder irgendwo eine Scheiß-Vorstellung. Aber in Anbetracht, dass wir hier auch jetzt eine kleine kollektive Geschichte wieder realisieren können, das fand ich sehr beruhigend!

T2       Das hatte ich auch. Als ein Gemeinschaftsgefühl kam, so plötzlich. Das war wie ein kurzer Lichtstrahl, der da rein fiel!

T4       Ich hatte auch dieses Ding, dass man nicht mehr alleine dieser Überlast der kollektiven Verantwortung entgegensteht, sondern dass man selbst auch irgendwie fühlt, dass es kleinere Kollektive gibt, die dem entgegen stehen.

T2       Wir haben diese Krankheit, bzw. Krankheit überhaupt wird immer nur als individuelle Last genommen! "Ich bin schuld, dass ich das hab."

T4       Das kann ja auch sein!

T2       Das ist auch mit drin, es ist eine Zeitkrankheit! Es ist nicht nur ein ...

T3       (zum Patienten) Ich fand das sehr schön! Du hast eigentlich für mich sehr viele Antworten erhalten, so in diesem einen Mal. Das hat mich sehr beeindruckt. Du konntest das gut formulieren!

T2       Aus dir (selbst), aus deinem Streben nach der Wahrheit.

T1       Ja, ja das ist etwas, ... das beschäftigt mich sehr, als ich diese... Ich bin eigentlich zu dem Ergebnis gekommen (wenn ich jetzt hierauf eingehen soll) unsere ganze Epoche ist effektiv zu kurz, als dass man heut erwarten kann, dass der Lernprozess der Menschen eine Veränderung bringt. (Das kommt vielleicht noch mal, dass die Menschen einander anders begegnen!) Aber ... Es ist sehr schwierig. Ich denke auch schon manchmal: Man trifft ja heute auch auf sehr viel aggressive Menschen, Menschen, die ein bisschen nur so für sich durch die Welt gehen. Ich möchte sie immer festhalten und sagen "Ich bin nett zu dir - sei du nett zu mir!" Aber es geht nicht! Man kriegt sie nicht zu fassen!

Es ist ein schönes Beispiel (Das ist ja häufig schon passiert) ein junger Mensch in Amerika schießt da mit dem Revolver auf dem Flur einen Mitschüler tot. Was passiert??! Was hat sich da ereignet??! Ich bin der Ansicht, das ist ein Mensch, der weder zu Hause ein Liebe und Wärme erfährt, noch in seinem Umfeld in der Schule noch sonst im privaten. Das schürt Aggressivität, Hass, und entlädt sich in so einer Sache!

Wir grübeln und grübeln nun immer darüber, was macht man mit so einem Menschen? Ins Gefängnis stecken oder in die Psychiatrie, oder man lässt ihn wieder frei loslaufen. Damit hat sich das! Da liegt das Problem, dass die Menschen einander nicht mehr annehmen!

Ich habe mal ein sehr schönes Buch über einen Aboriginies-Stamm gelesen, der durch die Wildnis läuft, um ein Heiligtum zu erreichen. Es ist eine Gemeinschaft, die miteinander lebt. In dieser Gemeinschaft hat jeder seine spezielle Fähigkeit. Der eine kann Honig finden, der andere kann Schlangen fangen, der dritte weiß genau, wo er Wasser findet. Der vierte kann nur einen Knopf annähen oder irgendeine einfache Tätigkeit. Jeder hat einen Tag in dieser Wanderschaft, in dem er das ausleben soll, was er kann - und wird dafür furchtbar gelobt und lieb gehabt. Und das ist das, was eigentlich eine Gemeinschaft ausmacht! Und da sind wir so weit von weg! Dass wir einander nicht mehr sprechen, dass wir aneinander vorbeilaufen! Es gibt nur noch Gruppen von Interessengemeinschaften, die sich dann in Vereinen oder in Filmen oder Gesprächen zusammenfinden, nachher auseinander laufen und auch wieder einsam sind! Da müsste die Gesellschaft anfangen! Denn sie werden uns nicht vom Himmel fallen (vielleicht doch - durch Wiedergeburt, kann auch sein, das die Menschen dann hier auf Erden mal wieder erscheinen und dann weitermachen wo sie mal angefangen haben zu lernen. Das kann auch sein) Aber ich denke, die Menschen selber müssen wieder anfangen, zueinadner zu gehen und miteinander umzugehen! Dann passieren nicht so viele schlimme Dinge!

Dann kommt vielleicht auch mal einer auf die Idee und würgt alle diese scheußlichen Filme und vorgelebten Scheußlichkeiten ab, die da immer ablaufen in Film und Fernsehen (das ist fürchterlich)! Man macht eine Fernsehzeitschrift auf - jedes dritte Bild ist jemand, der hält so ein Metall in der Hand, das ist die Pistole!

Ja, das sind so Dinge, die mich beschäftigen.

T2       (nach einer Pause)

Ich habe jetzt natürlich auch ganz viel Gedanken dazu: Was ist Aggression in der Welt? Wozu ist sie da? Was ist ihr Sinn?

(Pause)

Wollt ihr erst mal etwas essen oder gleich die C4 machen?

T4       Ich könnte schon was essen (wenn ihr auch Hunger habt). Aber wenn ihr möchtet, können wir auch weiter reiben.

T3       Ich würde lieber erst die C4 machen.

T1       Ich passe mich an.

(Alle anderen lachen daraufhin.)

 

In der Pause nach der C3 gingen wir essen und kamen an einem großen Hund vorbei, den Teilnehmer 2 im Vorbeigehen an der Schnauze knuddeln wollte. Der Hund sprang auf und schnappte drohend zu. Teilnehmer 3 fragte ihn darauf hin: "Wie viele Körperteile willst du riskieren, um dein Konzept aufrecht zu erhalten, Wölfe seien friedlich?"

 

C4

Teilnehmer 3

Der Gedanke kommt: Vielleicht geht es gar nicht darum, dass ich etwas begreife. Vielleicht kann ich es auch gar nicht. Vielleicht ist meine Funktion einfach nur, unverstanden mitzumachen und dafür bin ich auch in dieser Verreibung wichtig (auch wenn mich ein anderer ersetzen könnte jederzeit).

Die Hand, die auf meiner Stirn presst, wird plötzlich zu einer Hand, die zieht. Sie greift immer wieder zu und zieht endlos lange Spinnenweben aus meinem Hirn! Diese Spinnenweben sind wohl Vorstellungen davon, wie die Welt zu funktionieren habe, und wie sie nunmal nicht ist. Die Hand zieht und zieht, und ich merke: Die Welt ist nicht so, wie ich sie mir wünsche! Sie ist auch nicht falsch. Sie ist so, wie sie ist - und ich kann versuchen, mich dem zu stellen und es vielleicht irgendwann zu verstehen, woher das "Falsche" und "Schlechte" im Leben der Menschen kommt. Oder ich kann mein Konzept von der Welt aufrecht erhalten und daran leiden. Oder ich kann den Schmerz verdrängen, dass sie anders ist, als ich das wünsche.

Ich schreibe diese Gedanken auf und merke, ich kann das, was ich innerlich höre, überhaupt nicht für mich akzeptieren.

Ich will eine andere Welt!

Ich habe das Gefühl, das Thema ist für mich zu schwer. Es gibt so eine Ahnung, dass die Lösung in diesem Konflikt zwischen dem Lauf der Welt und meinem Wunsch so etwas wie eine Kapitulation von mir sein dürfte. Irgendwie geht es wohl darum, mich darauf einzulassen, dass die Welt so ist. Das ist mir gleichzeitig zu einfach. Kapitulation im Sinn von "Es ist egal" oder "ich löse mich mit meinen Wünschen völlig auf" kann auch nicht die Lösung sein! Da ist zu wenig Spannung drin!

Ich merke, ich muss einerseits kapitulieren und einwilligen in diese Welt und andererseits trotzdem die Spannung halten und ihr meinen Wunsch entgegensetzen! Als Wunsch und ohne Gewähr, dass sie sich ihm jemals nähert.

Teilnehmer 4

Es ist das Bild entstanden wie diese New-Age-Bilder, wo man im Zentrum so ein Licht hat oder es ist weiß und außen wird es immer dunkler so in Farbabstufungen. Das kennt ihr vielleicht? Diese Idee, die sich mit diesen Bildern verbindet, dass im Zentrum irgendwo ein Licht wäre oder dass man sich bloß zu zentrieren bräuchte auf eine Schönheit oder auf eine Göttlichkeit und dann würde ein Segen entstehen - dass das alles komplett falsch ist! Ich habe diese Bilder als eine Fälschung empfunden und als einen völlig falsch verstandenen Weg, hier zu leben oder mit dem, was hier ist auf der Welt umzugehen!

Im zweiten Intervall hatte ich die Idee, dass wir sitzen und reiben wie Götter. Wie versteinerte Statuen. Und wir könnten reiben bis in alle Ewigkeit - es würde eigentlich nicht viel entstehen, es würde nicht viel Neues kommen. Weil sich einfach die Geschichte immer wiederholen muss, bis man sie verstanden hat! (Oder Teile der Geschichte.)

Dann im dritten Intervall hatte ich das Gefühl, dass die Last sehr leicht geworden ist. In der C2 war für mich eine bewegte Welt und Leidenschaften und Intrigen (sehr menschlich auch). Und jetzt in der C4 ist sehr Entfernung von allem Menschlichen!

Ich hatte dann aber auch zum ersten mal nirgendwo Schmerzen im Körper! Ich fühlte mich sehr ausgeglichen links rechts, hatte diesen Zug nach links nicht mehr. Für mich ist dann noch die Frage aufgetaucht, wie das in der C1 war, ob das noch eine bewegtere Verreibung war als in der C2? Mir ist dann die Idee gekommen von einer Umkehr - dass die größte Bewegung in der C1 ist und je weiter man in der Verreibung hinaus geht, dass man sich immer mehr davon entfernt. Wie eine Umkehr der Wesenhaftigkeit - also nicht, je höher du gehst, kommst du an eine höhere Idee ran, sondern dass die höchste Wichtigkeit schon ganz unten ist (also der, der du begegnen sollst).

Ähnlich wie Teilnehmer 3 auch das Gefühl, dass ich hier einfach reibe, um diese Handlung zu realisieren. (Jetzt nicht das persönliche Ersetzbarkeitsgefühl.) Aber dass man einfach hier reibt und man versteht nichts und es ist trotzdem wichtig, dass man verreibt!

Teilnehmer 1 (Patient)

Es ist alles gut, was sie gesagt haben. ... Ich kann das eigentlich nicht ergänzen. Ich kann es nur bedenken und vielleicht ... dran arbeiten? Aber ich kann eigentlich nichts hinzufügen. Oder ich hatte jetzt während des Verreibens keine anderen Überlegungen, die ich zusätzlich sagen könnte.

Teilnehmer 2

Ich war in einem ganz anderen Film!

Erst mal hatte ich "Was spielt Geld für eine Rolle, und was wird darüber ausgetragen?" Damit war ich am Anfang kurz beschäftigt.

Dann hatte ich ein Gefühl: So viele Gedanken sind da, praktische, theoretische. Die Welt ist so groß - mir ist das alles zu viel!

Dann kamen die Gedanken in die Pause und ich sah vorher so (in uns) Gedanken an die Gemeinschaft und Wunsch nach Gemeinschaft. Was Teilnehmer 1 erzählte von der Gewalt und mit der Liebe, und wie die Gemeinschaft so weggeht. Und ich sehe uns dann in die Pizzeria rübergehen - wir drei rechts und du (der Patient, Teilnehmer 1) einzeln links! Ich sagte kurz zu dir "Und so viel zum Thema "Gemeinschaft"!" Es war so ein Impuls. Ich dachte, "Huch, du bist so ganz einzeln!"

Ich habe dann auch in der Pause immer wieder Entfremdung gefühlt. Ich habe gedacht, hier im Raum war es so dicht - und in der Pause war es so nebeneinander! Da gab es so Sachen, wo ich mich dran gestoßen habe, wo ich hätte etwas dazu sagen können. Jeder von uns hatte so etwas, wo er so in sein Separé ging! Ich schrieb, "Ich mag die Leute in der Verreibung. In der Pause ist mir im Charakter zu viel Abgrenzung! Der Patient geht allein! Gemeinschaft ist der Wunsch." Ich spürte bei mir auch ganz viel, dass dieses offene Herz der Wunsch ist.

Ich fand das alles recht schwer. Ich merkte, wie zu ich mich fühlte und wie der Wunsch da war nach Offenheit. Dann kam wieder dieses Satz (diesmal ein bisschen anders): "Ihr könnt euch alle mal verpissen!"

Es ist ein Fortschritt. Denn er ist jetzt da im Kontakt und an jemand Konkreten gerichtet! Wobei das nicht nur an euch war, sondern es wurde immer größer (auch im Laufe der Verreibung)! Es ging in etwas zurück, womit ich mich im Moment sowieso so beschäftige, diese ganze Abnabelungs-Zeit die jeder irgendwann so besonders mit der Mutter hat. Wo gerade dieser Konflikt ("Bleib hier, ich brauche dich!", und "Geh weg, ich will mein Freiheit!") am stärksten ist. Wo in der Psychologie auch ganz viel Störungen darauf zurückgeführt werden, dass Eltern die Wut, die ihnen da entgegen kommt, auch nicht aushalten können. Und dadurch oft etwas sehr Wegweisendes kommt, dadurch kommt eine sehr große Einsamkeit! Aber es gibt nun mal den starken Wunsch des Zurücks! Das ist so eine ganz sensible, verletzliche Phase (die man eigentlich auch in jeder Beziehung wieder erlebt) von jemanden brauchen, ganz nah haben wollen und jemand zu nah fühlen und weg haben wollen. Da wird immer gesprochen von der Überflutungs-Angst und der Verlassenheits-Angst, die immer hin und her schwappen.

Und dann hatte ich ganz stark das Gefühl: Wenn die Wut nicht da ist, kann die Liebe nicht fließen! Und die Liebe wird nicht lebendig, wenn die Wut nicht da sein kann! Ich dachte an die Kriege und Zerstörungen als Ausdruck von nicht gelebter Wut. Und dass dadurch auch wieder die Liebe nicht fließen kann. Liebe und Wut - dass das etwas ist, was ganz sensibel zusammen gehört!

Denn dachte ich an die Filme und dachte, vielleicht ist das so ein Versuch, sich mit der inneren Wut zu verbinden, ihr Raum zu geben! Dass es eine Krankheit ist, wenn das ohne Liebe passiert. Dass es keine Liebe ohne Wut und auch keine gute Wut ohne Liebe gibt!

Dann kamen Bilder: Wie kann das im Leben aussehen? Ich dachte, einmal ist eine Gemeinschaft schon etwas, das gut hält, wo Wut anders gehalten ist - weil da immer etwas ist, was bleibt. Das da nicht weggeht, sich verkrümelt, wenn man wütend ist (wie das so in Zweierbeziehung eher ist).

Dann der Satz, den ich vorher hatte "Ich töte nicht!" , dann "Ich kann nicht töten - da töte ich lieber mich!"

Dann kamen Bilder, dass ich jemand gegenüber sitze, ihm in die Augen gucke und sage "Ihr kotzt mich/Du kotzt mich an!" Und je länger ich das machte, um so weicher wurde ich, und um so mehr kam das in einen Zustand, wo ... Dann musste ich an Streite denken, wo im Streit auch oft so eine Wut entsteht und danach eine ganz große Nähe!

Also für mich ging es die ganze Zeit ganz stark um diesen Aspekt Wut - Liebe! So diese Sachen "Ich brauche dich" - "Ich will dich nicht!" Bis plötzlich Bilder kamen, die ich aus meinem Leben gar nicht kenne und auch ganz verbannt hatte (ich hatte überhaupt das Gefühl, es ist jetzt plötzlich ganz, ganz viel mein Thema geworden, vielleicht helfe ich das auch drüber? ) kamen Gedanken an aggressiven Sex, wo ich bis jetzt immer nicht richtig in Verbindung gekriegt habe, was das so soll. Wo ich auch diese Aggression (dich ich im Augenkontakt habe und im Satz "Ihr kotzt mich alle an!") auch im Sex das Zerstörerische als Gedanken und Energie mit hinein zu nehmen, dass das fast was hat davon, das dadurch so zu verbinden! Und diesen Wunsch, in der Aggression auch geliebt zu sein, nicht weggestoßen zu werden und ganz nah bei sich gehalten zu werden!

‚Eine Gemeinschaft, die ihre Wut nicht ausdrücken kann, kann nicht funktionieren!‘

Dann habe ich noch gedacht, dass es so ist, wenn hier die C4 die individuelle Erlösung ist und die C5 ,mehr ein kollektives Thema anspricht - dann wäre eben wirklich auf einer sehr individuellen Ebene zu gucken: Wie komme ich mit diesem Konflikt klar! Wie kann ich auf eine gesunde Art meine Wut und meine Liebe in Fluss bekommen?

Und im Kollektiven müsste das vielleicht noch etwas anderes bedeuten. Irgend etwas größeres, was vielleicht in dieser Kriegsidee steckt, wenn Menschen ihre Wut nicht ausdrücken, dass es Kriege gibt.

 

C5: Bericht von Teilnehmer 3 (C5-Verreibung mit C5-Text)

Die zermürbenden Kopfschmerzen verschwanden auch nach der Verreibung nicht, wurden jedoch nach der C4 etwas besser. Um 20 h. fiel ich völlig zerschlagen in mein Bett und schlief 11 Stunden!

Am Morgen erwachte ich immer noch zerschlagen, und ich wollte nicht aus dem Bett aufstehen, nicht hinaus in die Welt. Ich schrieb in mein Tagebuch: "Ich fühle mich deplaziert in der Welt, habe keinen Bezug zu ihr. Ich muss die C5 verreiben! Ich hänge fest in dem Mittel und verstehe nicht, woher meine Entfremdung von der Welt kommt. Selbst mein eigener Körper kommt mir fremd vor, wie etwas Übergestülptes."

Als ich mich nach der Arbeit kurz schlafen legte, hatte ich einen Traum. Ich träumte von einer Freundin, die nach einer leidenschaftlichen zermürbenden Liebesbeziehung vor 10 Jahren jeden Kontakt zu mir abgebrochen hat. Im Traum stehe ich mit ihr im Wasser. Sie hat ihre Beine um meinen Oberkörper geschlungen und treibt auf dem Wasserspiegel. Wir schauen uns in die Augen und drehen uns dabei oder die Welt dreht sich um uns. Ich spüre tiefe Nähe und Kontakt.

Verreibung der C5:

Ich denke, dass ich keine Gedanken bekomme in dieser C5, keine Bilder, keine neuen Erkenntnisse - und trotzdem fühlt es sich so an, dass dieses Verreiben in die C5 ganz wichtig ist und die Dinge damit in ihre Ordnung bringt! ... Dann passiert etwas Unerhörtes. Plötzlich sagt der Stoff in der Schüssel laut und vernehmlich

zu mir "Danke!" Das habe ich noch nie erlebt. Ich habe schon über 40 Verreibungen durchgeführt, aber ein Stoff hat sich noch nie zuvor bei mir bedankt!

Ein Satz taucht auf ‚Ich danke dir. Dein Kollektives ist mein Geist.‘ (Ich verstehe das nicht.)

Ein Text beginnt nun:

‚Was dir schmerzt, schmerzt mich auch. Ihr versteht nicht, dass Kontakt Liebe ist. Auch wenn sich im Kontakt völlig verdreht, was ihr für Liebe haltet (Krieg, Mord, Folter, heftige Auseinandersetzungen) so ist er doch Liebe. Wenn ihr aus dieser Art von Kontakt tretet, um nach eurem Bild "lieb" zu sein, geht ihr in die Nicht-Liebe, in die Abspaltung. Dann wuchere ich in euch dem Abgespaltenen entgegen - auch wenn dies ein völlig unbrauchbarer Versuch ist, die Spaltung auf der falschen Ebene wieder zu überwinden.‘

(Ich muss an den japanischen Film "Odishon" denken, der mich tief beeindruckt hat. Ich denke daran, wie die Frau den Mann am Ende des Films bestialisch foltert und dabei mit ihm in tiefstem Kontakt ist. Ich spürte, als ich das sah - was mich völlig verstörte - diese Folter ist Liebe!

Ich denke auch an jene Freundin, von der ich zuvor träumte. Wir haben uns in unserer Beziehung, jung wie wir waren, sehr verletzt und gequält - und doch scheint es mir, ihr völliger Kontaktabbruch zu mir seit 10 Jahren ist noch unmenschlicher, noch mehr aus der Ordnung. Wie eine endlose Strafe, die alles so zementiert, wie es war, als wir 20 waren.)

 

‚In Wirklichkeit wart ihr es, die die Ebene zuvor verschoben.

 

Ihr wollt die Kriege nicht. Sie sind auch nicht nötig. Sie sind von mir nur so gewollt, da ihr das, was ihr lernen sollt noch nicht bereit seit, auf eine andere Art des tieferen Kontakts aneinander zu tun, der auf seine Art für euch noch schmerzhafter wäre (denn in jenem müsstet ihr euch in eueren Seelen konfrontieren, während ihr es in diesem nur auf der Ebene des Körpers und des Geistes tun müsst.) So also lasse ich euch kämpfen bis ihr merkt, dass ihr euch diese Art der Auseinandersetzung nur selbst gewählt habt. Nicht aus Mut, sondern aus Feigheit und aus Unreife, euch in eurem Tiefsten zu konfrontieren.

Wenn du also mit der Welt haderst, so wie sie ihre Form von Kontakt auslebt - dann schaffe eine neue höhere Form von Auseinandersetzung! Du löst das Problem nicht, indem du Frieden spielst, dir einen Frieden vorlebst. Damit stiehlst du dich nur aus der Problematik fort und zwingst uns, sie in deinen Körper zu verlagern. Willst du wachsen an dem, was in dir wächst, dann stelle dich! Und bleib in Kontakt!‘

(Mir fällt auf, dass eine gemeinsame Verreibung der C5 daran zerbrochen ist, dass wir Verreiber uns nach unserem Wunsch nach Gemeinschaft in der C4 völlig voneinander entfremdeten, weil wir merkten: Jeder von uns ist anders und bringt Eigenarten mit, die ich mir nicht an ihm wünsche! Wir sind aus dem Kontakt gegangen!)

‚Das träfe euch viel tiefer. Doch ihr wollt unbeschadet aus dem Kontakt hervorgehen und zahlt dafür mit körperlicher Zerstörung.‘

Im Nachhinein fällt mir ein, dass ich einen Tag zuvor in der C4 immer wieder innerlich eine Liedzeile hörte aus dem "kleinen Liebeslied" von Lift: "Will mir einen Frieden lügen, der nicht auch die Kriege kennt". Das hatte ich gestern nicht verstanden. Nun tauchte dieser Satz sinngemäß im C5-Text auf.

Für mich selbst war diese Sicht auf das Carcinosin-Problem eine Überraschung. Erstaunlicher Weise erweist sich nun der Krieg, den der Carcinosin-Mensch so sehr verachtet, als eine andere Spielart des selben Problems der Verdrängung eines Konflikts! Das finde ich unglaublich! Der Krieg externalisiert den Konflikt auf das Gegenüber, das besiegt werden soll, Carcinosin internalisiert ihn (weil es ihn ausblendet) in den eigenen Körper.

Interessanter Weise verrieb ich 5 Tage zuvor Zinc-p., welches der Verdrängung eines wesenhaften Konflikts auf die geistige Ebene entgegenwirkt.

Als ich einer Freundin erzählte, dass sich das Fibrosarkom bei mir in der C5 für das Verreiben bedankt habe, antwortete sie: "Das kann ich gut verstehen. Sieh mal, der Krebs ist etwas, das wir immer nur weg haben wollen, das wir herausschneiden, mit dem wir uns nicht beschäftigen wollen. Und nun kommt endlich mal jemand und ist bereit, sich auf ihn einzulassen!" Ich hatte ihr gar nichts von dem C5-Text erzählt und von seinen Themen. Um so erstaunlicher fand ich, dass sie mich hier noch einmal darauf hin wies, dass der Krebs selbst auf seiner körperlichen Ebene das Thema des Sich-nicht-stellens, des Abschneidens wiederholt. Ich denke, "Manchmal stehen uns die Zeichen direkt vor Augen, und wir sehen sie nicht!"

 

 

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