Exkanieren Anhang 4
Vergleich: Siehe: Anhang (Rosina Sonnenschmidt) + Anhang
2 (Interview mit Gian Domenico Borasio) + Anhang 3 (Interview mit Rosina Sonnenschmidt)
ZEIT ONLINE
Gesundheit
Der selbst
gewählte Tod
Warum mein
Vater den Weg der Sterbehilfe genommen hat
Die Uhr
tickt. Noch 30 Minuten. Dann wird mein Vater ein Getränk zu sich nehmen, dessen
Inhalt drei Menschen töten könnte. Etwa drei Minuten später wird er
einschlafen, wenig später sterben. Viel zu früh, er ist erst 68 Jahre. Mein
Vater hat ALS, Amyotrophe Lateralsklerose, eine schwere Nervenerkrankung, im
weit fortgeschrittenen Stadium. Er hat sich entschieden, den Weg der
Sterbehilfe zu nehmen, weil er das, was kommt, nicht mehr erleben möchte:
künstliche Beatmung und Ernährung, Verlust der letzten noch vorhandenen
motorischen Fähigkeiten, einschließlich des Sprechens, mit großer
Wahrscheinlichkeit Tod durch Ersticken. Wie frei kann
so eine
Entscheidung sein?
Es ist
12.05 h. am 24. Januar 2012. Wir sitzen zusammen, mein Vater, meine Mutter,
mein Bruder, meine Schwester mit ihrem drei Monate alten Sohn und ich. In einem
dezent gestalteten Zimmer mit hellen Wänden, einer weißen Couch, zwei Sesseln
und einem kleinen Tisch, auf dem zusammengeknüllte Papiertaschentücher liegen.
Der Blick aus dem Fenster führt über die Dächer der Nachbarhäuser, hinter denen
sich saftig grüne Hügel erstrecken. Es hängen dicke Wolken darüber. Das Zimmer
gehört zu einer Wohnung, die in einem kleinen Ort liegt, direkt neben
Bahngleisen, rund 20 Kilometer vor den Toren Berns. Mieterin ist die Schweizer
Sterbehilfeorganisation Ex International, deren ehrenamtliche Mitarbeiterin in
der anliegenden Küche Dokumente vorbereitet, die später benötigt werden, wenn
Polizei und Staatsanwalt kommen, um den Tod meines Vaters zu untersuchen.
Gerlinde Mosta (Name geändert) ist eine ernsthafte, aber freundliche Frau Mitte
60, die diese Arbeit aus Überzeugung tut, wie sie uns am Abend zuvor erklärt
hat. Vorhin hat sie meinem Vater ein Glas Wasser mit Magentropfen gereicht, die
das tödliche Getränk verdaulicher machen, das er 30 Minuten später einnehmen
muss. Seither tickt die Uhr. 12.06 h.
Hier sitzen
wir also. Meine Schwester stillt den Kleinen, damit er nicht gleich nach
Nahrung ruft, wenn wir im Zimmer nebenan meinen Vater in den Tod begleiten. Der
berichtet von der abschließenden ärztlichen Untersuchung, die heute Vormittag
stattgefunden hat. Er wirkt gelöst. Ich denke, dass es schön wäre, käme die
Sonne heraus, damit mein Vater sie ein letztes Mal sähe. Aus Bern sind wir im
dichten Schneegestöber aufgebrochen. Nun nieselt es. Meine Mutter fragt, ob mein
Vater noch einmal aufs Klo müsse. Er verneint. Schweigen. Lächeln. Worüber
spricht man, wenn der Tod nebenan wartet? Mein Vater erzählt, der Mediziner heute
Vormittag sei unendlich langsam zu Werke gegangen, ein typischer Berner eben.
Das habe ihn an den Witz vom langsamen Berner erinnert. Mit verschmitzter Miene
fragt er in die Runde, ob er uns den erzählen solle. Spontan wird mir unwohl
bei dem Gedanken, jetzt über einen Witz zu lachen. Doch mein Vater hat schon
begonnen. Die Pointe sitzt, wir lachen herzlich. Die Krankheit hat ihm fast
jede Bewegungsmöglichkeit geraubt, hat seine einst kräftige Stimme brüchig und
seine Sportleratmung kurz werden lassen. Doch seinen Humor hat er sich nicht
nehmen lassen.
So ist mein
Vater: kein Grübler, sondern ein zupackender Typ. Ein Kind des Ruhrgebiets,
glühender Anhänger des BVB. Politisch engagiert, Lehrer für Chemie und Physik,
Fußballer, Bergsteiger und Marathonläufer, aber auch begeisterter Chorsänger,
ein Vereinsmensch. Die Diagnose ALS erhielt er kurz nach seinem 60. Geburtstag.
Diese heimtückische Krankheit des zentralen und peripheren Nervensystems ist
seit 140 Jahren bekannt, aber immer noch nicht heilbar. In Deutschland sind
schätzungsweise 6.000 Menschen daran erkrankt. Der deutsche Maler Jörg Immendorff
starb 2007 nach zehnjähriger Krankheit. Der britische Astrophysiker Stephen
Hawking
lebt seit
1963 mit ALS. Verlauf und Lebenserwartung unterscheiden sich von Fall zu Fall
erheblich. Sicher ist den Betroffenen nur eins: dass ihr Zustand immer
schlechter wird.
Ein
Pflegeheim kam nicht in Frage
Meinen
Vater zwang die Diagnose, Lauf- und Wanderschuhe an den Nagel zu hängen. Später
war es auch mit dem Singen vorbei. Für mich blieb die Krankheit zunächst
abstrakt, auch weil ich weit von Köln entfernt in Berlin wohne. Erst als er
2006 einen Stock benötigte, später einen Rollstuhl, sickerte die Erkenntnis
durch, dass unser altes Leben nicht mehr wiederkehren würde. Umbauten im
Elternhaus wurden nötig, immer leistungsfähigere Rollstühle angeschafft, das
Auto wurde mit einer Laderampe versehen, über die man in das Wageninnere
hineinfahren konnte. Doch gerade an diesen technischen Hilfsmitteln offenbarte
sich die ganze Hilflosigkeit, auf die die Krankheit ALS die an ihr Leidenden
immer wieder zurückwirft. Jedes Mal wenn mein Vater gelernt hatte, den Verlust
einer motorischen Fähigkeit zu akzeptieren und ein geeignetes Hilfsmittel in
seinen Alltag zu integrieren, folgte der nächste Schub, der die neu gewonnene
Souveränität wieder zunichtemachte.
Trotzdem
gelang es über viele Jahre, ein Umfeld zu schaffen, in dem mein Vater weiterhin
am Leben teilhaben konnte, so gut es ging. Doch es ging eben immer schlechter.
Das zeigte sich vor allem im letzten Jahr, als die Kraft endgültig aus seinen
Armen und Händen schwand. Den Rollstuhl konnte er trotz aller Technik am Ende
nur noch wenige Minuten selbst steuern. Intensivere Unterhaltungen führten zu
Atemnot, in der Nacht raubte ihm ein chronischer Husten den Schlaf.
12.15 h.
Der Witz vom langsamen Berner hat die Stimmung gelöst. Meine Schwester hat
ihren Sohn zu Ende gestillt. Er schaut nun sehr aufmerksam meinen Vater an, der
lächelnd zurückschaut. Die Geburt seines ersten Enkels drei Monate zuvor hat
ihm noch einmal neue Kraft gegeben. Wir meinen, der Kleine habe seine Ohren.
Meinem Vater rollen ein paar Tränen die Wange hinunter, er muss sich schnäuzen.
Bevor jemand anderes reagieren kann, ist meine Mutter aufgesprungen, um ihm die
Nase zu putzen.
Jahrelang
hat meine Mutter versucht, die verloren gegangene Selbstständigkeit meines
Vaters zu kompensieren, mit dem Ergebnis, dass auch sie ihr eigenständiges
Leben einbüßte. Zuletzt stand sie selbst kurz vor dem Burn-out. Meine
Geschwister und ich bemühten uns, sie regelmäßig zu entlasten, doch das
Grundproblem konnten wir nicht lösen. Zwar gab es einen Pflegedienst, der
meinen Vater aus dem Bett holte, ihn wusch und in den Rollstuhl setzte.
Ehrenamtliche Helfer übernahmen stundenweise die Betreuung. Doch trotz der
Hilfe blieben 90% der Tageszeit – von den Nächten ganz zu schweigen –, in denen
meine Mutter auf sich gestellt war. Selbst Alltäglichkeiten, wie eine juckende
Nase oder das Umblättern der Zeitung, erforderten ihre Hilfe. Eine
Dauerpflegekraft war weder bezahlbar noch räumlich unterzubringen.
Ein
Pflegeheim kam für meinen Vater niemals infrage. Es grauste ihm bei dem
Gedanken, zwischen 80- und 90-jährigen Demenzkranken zu leben und für jede
Kleinigkeit eine fremde Pflegerin rufen zu müssen, die sich parallel um viele
andere Menschen kümmern muss. Mein Vater fühlte sich nicht alt. Sein Geist war
von der Krankheit kaum beeinträchtigt, höchstens in dem Sinne, dass ihm das
Lebenselixier fehlte, die Aktivität. Wir suchten nach Alternativen, etwa einer
Wohngemeinschaft mit privatem Pflegedienst, wie es sie für Demenzkranke
zunehmend gibt. Doch Fälle wie die meines Vaters scheinen zu selten zu sein, um
passende Angebote am Markt entstehen
zu lassen.
Geistig fit, aber körperlich auf permanente Rundumbetreuung angewiesen, mit
dieser Kombination fällt man aus dem Raster.
Je mehr
sich der Zustand meines Vaters verschlechterte, desto häufiger sprachen wir
über das Thema Sterbehilfe. Eine Patientenverfügung hatte er schon lange vor
seiner Erkrankung unterzeichnet. Dass die Beihilfe zum Suizid in Deutschland de
facto verboten ist, hielt mein Vater für inhuman. Ich war lange Zeit anderer
Ansicht. Liegt das Inhumane nicht vielmehr in einer Gesellschaft, die trotz
materiellen Reichtums unfähig ist, pflegebedürftigen Menschen individuell
gerecht zu werden? Ist es in einer Gesellschaft, die ihre Mitglieder wesentlich
nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sortiert, nicht naheliegend, einen
Suizidwunsch zu entwickeln, wenn man ganz und
gar
abhängig und unproduktiv ist? Öffnet die Sterbehilfe nicht eine Tür, die besser
verschlossen bleiben sollte?
Spätestens
nachdem im Herbst 2010 ein Mitarbeiter von Ex International im Wohnzimmer
meiner Eltern gesessen und sich über fünf Stunden lang ein Bild von meinem
Vater, seiner Erkrankung und seinen Beweggründen gemacht hatte, waren solche
Fragen allgegenwärtig. Wir versprachen meinem Vater, ihn auf diesem Weg zu
begleiten, wenn das sein freier Wille sei. Doch was ist ein freier Wille? Sind
es am Ende nicht doch die Umstände,
die den Tod
als das kleinere Übel erscheinen lassen? Und sollte man in diesem Fall nicht
versuchen, die Umstände zu ändern, statt jemandem zu helfen, sein Leben zu
beenden?
Ich musste
lernen, dass es auf diese Fragen keine einfachen Antworten gibt, vor allem
keine allgemeingültigen. Für meinen Vater war die Möglichkeit, Sterbehilfe in
Anspruch nehmen zu können, ein emotionaler Anker.
Zu wissen,
dass er diese letzte Entscheidung selbst treffen konnte, stärkte seinen
Lebensmut. Er wäre andernfalls viel früher innerlich zusammengefallen. Diese
Möglichkeit war allerdings von der Fähigkeit abhängig, die Reise in die Schweiz
antreten zu können, was ein Minimum an körperlicher Selbstständigkeit
voraussetzte.
Der nächste
Schub der Krankheit würde ihm diese vermutlich nehmen. Wollte er die Gelegenheit
ergreifen, musste er bald handeln. Das aber heißt: Wäre Sterbehilfe in
Deutschland möglich gewesen, hätte mein Vater den Sommer 2012 vermutlich noch
erlebt.
Ein mutiger
Schritt, der ihm viel Leid ersparte Wahr ist auch, dass die vorhandenen
Pflegeangebote für ihn keine Perspektive boten. Doch seine grundsätzliche
Entscheidung war von diesen Umständen unberührt. Er wusste: Die Krankheit würde
ihm den letzten Funken physischer Selbstständigkeit und schließlich seinen
Lebensmut rauben, egal, wie gut die Pflege organisiert wäre. Er war über den
Punkt hinaus, an dem dies noch einen Unterschied gemacht hätte. Ich konnte
lange Zeit nicht akzeptieren, dass jemand sterben will, weil sein Körper nicht
mehr mitspielt. Inzwischen habe ich erkannt, dass der Lebenswille davon
abhängt, was einen im Leben antreibt. Mein Vater wollte nie das Universum
ergründen wie Stephen Hawking, den Assistenten, Pfleger und viele technische
Hilfsmittel unterstützen, sondern mit seinem Enkel im Park Fußball spielen, auf
Berge klettern, den Rhein entlang joggen oder einen kaputten Stuhl kleben.
Mein Vater
fühlte sich eingesperrt im eigenen Körper. Und in Gefangenschaft konnte er auf
Dauer nicht leben. Als meine Mutter mich am 6. Januar 2012 anrief und fragte,
ob ich um den 24. Januar ein paar Tage Urlaub nehmen könne, wusste ich, dass
mein Vater sich entschieden hatte, das Gefängnis zu verlassen.
Es folgten
zweieinhalb unwirkliche Wochen, in denen alles wie immer war und doch alles
anders. Wir wollten die Zeit bestmöglich nutzen – und sprachen doch über
Alltägliches wie die Causa Wulff, den Rückrundenauftakt der Bundesliga, den
Ausfall von Mario Götze und das unvermeidliche Wetter. Nicht nur, aber eben
auch.
Es war
gesellig wie immer, sogar lustig, manchmal melancholisch. Hin und wieder spürte
ich einen Stich in der Magengrube, wenn das Gespräch auf ein Datum jenseits des
24. Januar fiel.
Ein paar
Tage vor dem Termin brachen wir aus Köln in Richtung Schweiz auf. Als wir mit
dem Auto über die Zoobrücke fuhren, warf mein Vater einen letzten Blick auf den
Dom. Zwei Tage später näherten wir uns Bern.
Auf der
linken Fensterseite rissen die Wolken auf und gaben den Blick auf die Gipfel
von Eiger, Mönch und Jungfrau frei. Ob wir noch einmal näher heranfahren
sollten, fragte meine Mutter. Mein Vater schüttelte schweigend den Kopf. Vor
langer Zeit schon hatte er gesagt, dass seine Asche am Fuße der Eigernordwand
verstreut werden solle.
12.30 Uhr.
Der Witz vom langsamen Berner ist verhallt. Mein Vater weint. Meine Schwester
auch. Ich reiche Taschentücher und kämpfe selbst mit den Tränen. Draußen hat es
aufgehört zu nieseln. Die Sonne scheint jetzt durch das Fenster, meinem Vater
direkt ins Gesicht. Dann geht die Tür auf, und Frau Mosta bittet uns in das
Nebenzimmer.
Ich helfe
meinem Vater aus seinem Rollstuhl auf die bereitstehende Liege, so wie ich es
immer getan habe, wenn ich ihn ins Bett brachte. Zum letzten Mal, schießt es
mir durch den Kopf. Ich halte ihn lange fest, bevor ich ihn behutsam hinlege,
flüstere ihm ein paar Worte ins Ohr und küsse ihn auf die Stirn. Meine
Geschwister und meine Mutter folgen. Wir weinen. Mein Vater bittet, dass jemand
seine Hand hält. Frau Mosta reicht ihm das tödliche Getränk. Er holt tief Luft,
sagt mit fester Stimme: »Okay, let’s go«, und leert das Glas. Ich stehe
regungslos da und sehe die Flüssigkeit weniger werden. Bis zuletzt war ich mir
nicht ganz sicher, ob er diesen Schritt wirklich
gehen
würde.
Mein Kopf
schwirrt, ich höre mich etwas sagen. Als mein Vater die Augen schließt, brechen
bei mir alle Dämme. Ich weine hemmungslos. Seine Atmung wird flacher, immer
flacher. Schließlich sehe ich, wie das Leben aus ihm entweicht. Frau Mosta
prüft seine Halsschlagader und bestätigt den Tod. Ich verlasse den Raum.
Ich trauere
um meinen Vater. Ich hadere mit dem Schicksal. Ich wünschte, er hätte mehr Zeit
gehabt, gesund durch das Leben zu gehen. Doch ich habe keinen Zweifel daran,
dass er sich mit seinem mutigen Schritt sehr viel Leid erspart hat.
Die Tage in
der Schweiz waren die härtesten meines Lebens, aber ich bin dankbar, dass ich
meinen Vater auf diesem letzten Weg begleiten durfte. Ich kann einige Argumente
gegen die Sterbehilfe nachvollziehen, schließlich waren sie einmal meine
eigenen. Doch heute denke ich, dass sie der Wirklichkeit nicht gerecht werden.
Sie zeigen
keinen Ausweg in Situationen, in denen Menschen wohlüberlegt den Tod dem Leben
vorziehen. Mein Vater war in seinem Körper gefangen. Gestorben ist er als
freier Mann.
Aktive
Sterbehilfe
Das Wort
Sterbehilfe ist ungenau und führt bei Laien und Ärzten regelmäßig zu
Missverständnissen. Sie assoziieren damit schnell die Euthanasie. Der Begriff
stand im Nationalsozialismus für den systematischen Mord an psychisch kranken
und behinderten Menschen, in Deutschland ist er entsprechend konnotiert.
Übersetzt bedeutet das griechische "euthanasia" "schöner
Tod".
Niederländische
Ärzte benutzen auch heute dieses Wort, wenn ein sterbenskranker Mensch bewusst
um Hilfe zum Sterben bittet und der Arzt sie gewährt. Etwa indem er ein muskelentspannendes
Medikament und ein Schlafmittel verabreicht. In Deutschland ist solche aktive
Sterbehilfe als "Tötung auf Verlangen" nach Paragraf 216 des
Strafgesetzbuchs grundsätzlich verboten.
Ärztlich
assistierter Suizid
Indirekter
ist der ärztlich assistierte Suizid. In diesem Fall stellt der Arzt dem
Patienten lediglich die Medikamente bereit, einnehmen muss dieser sie selbst.
In den Niederlanden zum Beispiel wählt nur ein Zehntel der Sterbewilligen
ärztlich assistierten Suizid, die anderen ziehen direkte Sterbehilfe vor. Das
deutsche Strafgesetzbuch verbietet Beihilfe zur Selbsttötung nicht, allerdings
tut dies die dahingehend 2011 geänderte
Berufsordnung
der Ärzte.
Dort heißt
es unter Paragraf 16: "Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung
ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen. Es ist ihnen verboten,
PatientInnen auf deren Verlangen zu töten. Sie dürfen keine Hilfe zur
Selbsttötung leisten." Allerdings streiten Mediziner und Experten bis
heute über dieses Verbot, dass rechtlich nicht bindend ist. Zuletzt hatte etwa
das Verwaltungsgericht Berlin im April 2012 die Formulierung für
verfassungswidrig erklärt.
Passive
Sterbehilfe
Etwas ganz
anderes versteht man unter passiver Sterbehilfe: lebensverlängernde Maßnahmen
(zum Beispiel künstliche Beatmung) zu unterlassen. Dies ist nach dem Urteil des
BGH vom Juni 2010 unter bestimmten
Umständen
erlaubt – ja sogar geboten. Ein umstrittener Punkt ist in diesem Zusammenhang,
ob ein Arzt generell eingreifen muss, wenn er einen Patienten sterben sieht.
Schließlich gelobt jeder Arzt: "Die Erhaltung und Wiederherstellung der
Gesundheit meiner Patientinnen und Patienten soll oberstes Gebot meines
Handelns sein."
Patienten,
die sichergehen wollen, dass der behandelnde Arzt nicht im letzten Augenblick
den Suizid noch vereitelt, entbinden ihn schriftlich in einer
Patientenverfügung von dieser Garantenpflicht.
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